Global versuchen Interessierte, Daten aus dem Internet zu löschen, in dem diese das Urheberrecht in das Feld führen. Das gilt sogar für deutsche Behörden. Also Zensururheberrecht – Zensur durch Urheberrecht – der deutsche Bundesgerichtshof sagt NEIN!
Weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit hat das höchste deutsche Zivilgericht (BGH) festgestellt, dass bei uns der Trick mit dem Zensururheberrecht nicht funktioniert. Was ist geschehen? Der Konflikt zwischen Interessierten und dem Staat wurde schlussendlich im Rahmen von Transparenz von staatlichen Informationen entschieden, weil das höchste deutsche Gericht den Konflikt zwischen Öffentlichkeit und Schutz des Urhebers zu Gunsten der Transparenz entschieden wurden. Der Trick mit dem Urheberrecht hat aber auch globale Bedeutung für das sogenannte Reputationsmanagement. Worum geht es?
Transparenz oder Geheimhaltung von Daten des Staates – Geschichte der Staatsorganisation
„Wirklicher Geheimer Rat“ war der Titel eines hohen Beamten in Preussen, der den König beriet, der wiederum seine Macht häufig direkt von Gott ableitete. Schon aus der Bezeichnung wird klar, dass der vertrauliche Umgang mit den Staatsangelegenheiten keine transparente oder gar rechtsstaatliche Vorgehensweise zum Ziel hatte. In unserem demokratischen Rechtsstaat sollte es inzwischen anders sein; hier gilt, ein transparentes Rechtsstaatsgebot. Akten und Vorgänge sind nicht geheim, sondern können eingesehen und veröffentlicht werden. In den letzten Jahrzehnten hat sich aus dem Akteneinsichtsrecht eines Betroffenen, ein Jedermanns Einsichtsrecht in staatliche Vorgänge ergeben. Die Plattform „FragdenStaat“ nutzt das Einsichtsrecht aus und veröffentlicht Daten. Natürlich ist „im Dunkeln bekanntlich gut munkeln“ und so versuchen so manche Beamte trickreich die Transparenz zu unterlaufen. Ein beliebter Trick: das Zensururheberrecht.
Rechtlicher Rahmen Informationsfreiheitsgesetz
Unter Hinweis auf das Informationsfreiheitsgesetz (Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) verlangte die Plattform FragdenStaat ein Gutachten über ein Pflanzengift von der Bundesanstalt für Risikobewertung. Diese wurde übersandt mit dem Hinweis, dass dieses nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt sei. FragdenStaat veröffentlichte das Gutachten und die risikoscheue Bundesanstalt für Risikobewertung (die von den Steuerbürgern bezahlt wird, in Berlin-Marienfelde in einem schönen Gutshof beheimatet ist) sandte eine kostenpflichtige Abmahnung und verlangte: Unterlassung (also Entfernung aus dem Internet).
Informationsfreiheitsgesetz unterläuft die Behörde mit Urheberrecht – Bundesgerichtshof entscheidet
Das Oberlandesgericht Köln und der Bundesgerichtshof musste sich mit dem Fall beschäftigen. Die Behörde meinte unter Verweis des § 97 Urheberrechtsgesetz, dass ein urheberrechtlich geschütztes Werk vorliegen würde und daher dieses nicht veröffentlicht werden dürfe. Urheberrecht steht dem Schöpfer eines Werkes, z.B. eines Gutachtens nach der Herstellung des Werkes automatisch zu. Der Urheber kann demnach über die Verwendung seines Werkes entscheiden und auch verfügen, dass das Werk nicht veröffentlicht wird. Dem trat das Oberlandesgericht Köln entgegen und meinte, es bestände ein Zitaterecht. Der Bundesgerichtshof (Karlsruhe) beschäftigte sich nicht mit einer Revision und bestätigte das Oberlandesgericht. Damit durfte das sogenannte Glyphosat-Gutachten veröffentlicht werden (BGH, Beschluss v. 27.01.2022, Az. I ZR 84/21; OLG Köln, Urteil v. 12.05.2021, Az. 6 U 146/20). „FragdenStaat“ regt eine gesetzgeberische Klarstellung des § 5 Urheberrechtsgesetz an, damit amtliche Unterlagen, die dem Bürger vorliegen sollten, öffentlich gemacht werden können ohne ein sehr hohes Prozess- und Kostenrisiko.
Übele Tricks mit dem Zensururheberrecht werden weltweit beobachtet
Der Trick mit dem Zensururheberrecht gilt nach Beobachtungen des Berkman Center der Universität Cambrigde, Massachusetts, USA weltweit als Waffe, um unerwünschte Informationen zu unterdrücken. Dieses Berkman Center betreibt die Seite lumendatabase.org. Dort werden Gerichtsverfahren und Löschungen im Internet weltweit registriert und gesammelt.
Reputationsrecht – Google muss schweigen, wenn Negativbeiträge gelöscht worden sind
So versucht also nicht nur das Bundesinstitut für Risikobewertung des Urheberrecht zu nutzen, um Daten nicht in die Öffentlichkeit gelangen zu lassen. Gleiches gilt für Private (Personen und Firmen), die insbesondere das amerikanische Urheberrecht nutzen um Daten verschwinden zu lassen. Hier wird getrickst hoch drei – es wird einfach behauptet, dass ein kritischer Artikel von dem zu Kritisierenden selbst stammt um dann zu sagen: Ich berufe mich auf mein eigenes Urheberrecht und lösche Kritik an mir selber. Der „Digital Millennium Copyright Act“wird genutzt. Nach diesem Gesetz müsste Diensteanbieter einfache Löschungsmöglichkeiten bieten, wenn das Urheberrecht betroffen ist. Das wird global massenhaft missbraucht. Aber das ist ein gesonderten Beitrag wert.
Mehr zu den Trick hoch drei finden sich hier.
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Valentin Markus Schulte
Volkswirt, Stud. Iur
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