Deutsche Firmengründung und Ausweitung oder Unternehmensübernahme auf dem polnischen Markt. Wirtschaftliche Partnerschaften über Grenzen hinweg – Deutschland und Polen ein Markt mit Zukunft? Vorteile und Chancen, im Gespräch mit Oliwer Mikus, Unternehmensberater in Deutschland und Polen.
Deutschlands östliches Nachbarland Polen weist seit Jahren einen schnellen und stabilen Wirtschaftswachstum aus. Polen ist Deutschlands siebtgrößter Handelspartner und hat gemeinsam mit den vier Visegrad-Staaten (Ungarn, Slowakei, Tschechien und Polen) China als bisher größten Wirtschaftspartner Deutschland überholt. Eine stetig steigende Zahl von deutschen Unternehmen, rund 5.000, existieren und arbeiten zufrieden in Polen. 94,5 Prozent der deutschen Unternehmen würden sich wieder in Polen niederlassen. Eine beeindruckende Quote, denn die Bedingungen für eine erfolgreiche Niederlassung in Polen als Firmengründung, Expansion oder Unternehmensübernahme scheinen die ideal. Besonders beliebte Sektoren sind hier Industrie, IT und das Transportwesen.
Natürlich spielen die EU Fördergelder für Firmenniederlassungen in Polen eine Rolle bei der Beliebtheit Polens. Trotzdem gibt es auch Hürden zu überwinden, die einen sieghaften Start erschweren. Zu beachten sind unter anderem die unterschiedlichen Rechtsformen, Geschäftskulturen und Sprachen. Wir fragen einen Experten zu Problemen und Lösungen deutscher Unternehmen auf dem polnischen Markt. Oliwer Mikus ist Unternehmer aus München, Deutschland und hat polnische Wurzeln in Opole/ Polen. Als Geschäftsführer der Sedulus Sp. z o. o. ist er spezialisiert auf Personalvermittlung und Unternehmensberatung im deutsch-polnischen Raum. Herr Mikus unterstützt genau die deutschen Unternehmen, die den Schritt nach Polen wagen oder wagen wollen. Langjährige Erfahrungen sind von Vorteil, sowie das Verständnis für beide Kulturen und der Sprache, Herr Mikus erklärt die Besonderheiten der polnischen Wirtschaft und Unternehmensgründung, wie deutsche Unternehmen erfolgreich Fuß fassen.
Josefine Antonia Schulte: Guten Tag, Herr Oliwer Mikus, bitte stellen Sie sich und Ihr Unternehmen kurz vor.
Oliwer Mikus: Mein Name ist Oliwer Mikus. Ich bin im Bereich Personalvermittlung und Unternehmensberatung tätig. Außerdem helfe ich deutschen Unternehmen im polnischen Raum Fuß zu fassen.
Josefine Antonia Schulte: Warum lohnt sich die Ausweitung Angebote deutscher Unternehmen auf dem polnischen Markt?
Oliwer Mikus: Für deutsche Unternehmen ist der polnische Markt sehr attraktiv, weil zunächst Polen mit über 38 Millionen Einwohner eine potentiell sehr große Konsumentengruppe bietet. Außerdem hat Polen einen der stärksten EU Märkte. Dazu kommt auch die sehr zentrale Lage Polens inmitten des europäischen Kontinents, welches das Land als Investitions- und Produktionsstandort für die Belieferung von west- als und osteuropäischer Märkte äußerst anbietet.
Der dritte Punkt ist klar, da Polen als einziges EU Land war, welches die Weltwirtschaftskrise ohne größere BIP-Einbußen überstand. Die Prognosen für das Wachstum 2009 und 2010 waren respektive 1,4 Prozent und 0,8 Prozent. Von 2004 bis 2008 wuchs das Polnische Bruttoinlandsprodukt durchschnittlich um beachtliche 5,34 Prozent pro Jahr. Dieser Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Polen eine stabile Wirtschaft hält, die sich auch in Zukunft für Investitionen lohnt.
Josefine Antonia Schulte: Welche Märkte sind momentan für deutsche Unternehmen in Polen lukrativ?
Oliwer Mikus: Mit einem jährlichen Umsatz von 50 Milliarden Euro ist die Nahrungsmittelindustrie die stärkste Branche in Polen. Ihr Anteil an der gesamten verkauften Produktion des verarbeitenden Gewerbes beläuft sich auf rund 17 Prozent.
Zudem zählt der Logistiksektor zu den wichtigsten Dienstleistungsbranchen. Besonders der Warentransport auf der Straße hat seit dem EU-Beitritt stark zugenommen: Zwischen 2004 und 2017 hat sich die Transportleistung Polens mehr als verdreifacht. Das ist auf den deutschen Straßen auch sehr präsent zu beobachten.
Josefine Antonia Schulte: Wie kompliziert, schätzen Sie die Niederlassung eines deutschen Unternehmen in Polen ein? Ist eine rechtliche Begleitung nötig?
Oliwer Mikus: Eine anwaltliche Rechtsberatung vor Ort (gegebenenfalls per Telefon) ersetzt auf jeden Fall – eine noch so intensive – Internetrecherche. Unternehmer sollten sich vor der Firmengründung immer durch einen Rechtsanwalt und gegebenenfalls Steuerberater beraten lassen. Zudem ist eine Firmengründung besonders durch die fortschreitende Digitalisierung relativ unkompliziert.
Josefine Antonia Schulte: Was ist die beliebteste Unternehmensform bei einer deutschen Niederlassung und was sind die Vorteile?
Oliwer Mikus: Der Erfahrung nach ist die polnische „sp. z o.o.“ als Pendant zu der deutschen GmbH die beliebteste Rechtsform deutscher Unternehmer für eine Tochtergesellschaft. Der Grund dafür ist oft der, dass die Sp. z o.o. steuerlich flexibler als die Einzelfirma und zudem die persönliche Haftung mit dem Privatvermögen ausgeschlossen ist. Ob die GmbH in Polen immer die bessere Rechtsform ist, hängt vom Einzelfall ab. Auch hier ist eine Beratung definitiv sinnvoll.
Josefine Antonia Schulte: Worin sehen Sie die größte Schwierigkeit deutscher Unternehmen, die den Schritt nach Polen wagen oder wagen wollen?
Oliwer Mikus: Die größte Schwierigkeit sehe ich persönlich auf der sprachlichen Ebene. In meiner langjährigen Erfahrung sollte ein Dolmetscher bei einer Gründung Pflicht sein, um rechtliche Missverständnisse auszuschließen. Natürlich ist der sonstige Austausch auch auf Englisch möglich. Die sprachliche Komponente sollte auch abhängig von der Region gemacht werden.
Außerdem rate ich diesen Schritt zu gehen. Denn wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Unternehmen, die sich heute trauen, werden mit großer Wahrscheinlichkeit gewinnen, denn es gibt genug motivierte polnische Mitarbeiter und in Polen ist es noch Möglich EU-Fördergelder zu erhalten, das besonders für Startups, Neugründungen oder Eröffnung einer Produktionsstätte von großem Anreiz ist.
Josefine Antonia Schulte: Was ist bei der polnischen Geschäftskultur zu beachten? Und welche kulturellen Unterschiede können zu Missverständnissen führen?
Oliwer Mikus: Bei der Begrüßung sollte man den Chef zuerst begrüßen, das ist üblich in Polen. Lehnen Sie die Gastfreundschaftlichkeit nicht ab! Es ist die Norm, dass nach einem Geschäftsabschluss eine Einladung nach Hause oder ins Restaurant ausgesprochen wird.
Zu beachten und einzuhalten sind zwei Regeln in Polen: 1. „Der Chef hat immer Recht.“ – und 2. Wenn er nicht Recht hat, dann greift Regel 1.“
Josefine Antonia Schulte: Haben Sie sonst noch Tipps oder Hinweise für deutsche Unternehmen in Polen?
Oliwer Mikus: In Polen wird besonders wert auf den Aufbau von vertrauensvollen und persönlichen Beziehungen gelegt. Erfolgreiche Geschäfte beruhen in Polen auf guten persönlichen Beziehungen. Bringen Sie deshalb ausreichend Zeit mit, damit Ihre polnischen Geschäftspartner mit Ihnen vertraut werden können. Um sich kennenzulernen, ist es in Polen auch im Geschäftsleben üblich, über private Dinge wie die Familie, Hobbys, persönliche Erfolge und sogar Krankheiten zu sprechen.
Oliwer Mikus herzlichen Dank für die aussagekräftigen Antworten und dass er sich die Zeit für dieses Interview genommen hat.
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Across Borders With Information – ABOWI, eine Interviewreihe von Josefine Antonia Schulte, Jurastudentin aus Berlin in Deutschland. Fragen und Antworten: Eine virtuelle Reise um die Welt, um die Unterschiede und Vorurteile aufzudecken. Auf Fragen weltweit Antworten finden, dass ist unser Ziel. Josefine Antonia Schulte fragt sich von Aserbaidschan bis Zypern durch.
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